Die Behandlung
von Patienten mit Behinderung
Die Behandlung unterscheidet sich von anderer Patienten durch:
- einen höheren Zeitaufwand
- kürzere Behandlungsintervalle
- deutlich höheren Personalaufwand
- oft notwendige medikamentöse Vorbehandlung
- oftmalige Behandlung in Allgemeinanästhesie und Sedation (zirka 40 von 100 Behandlungen müssen in Allgemeinanästhesie erfolgen)
- besondere Planungsgrundsätze, die nicht immer mit den Vorgaben der gesetzlichen Krankenkassen vereinbar sind und die Problematik der Finanzierung zahnärztlicher Prophylaxe
Wegen der häufig schwierigen zahnärztlichen Behandlung von Patienten mit Behinderungen kommt der Prophylaxe von Karies und Parodontalerkrankungen eine noch größere Relevanz zu als bei nicht behinderten Patienten. Die besondere Bedeutung der zahnmedizinischen Präventionsmaßnahmen zeigen bereits Untersuchungen, die bei behinderten Menschen die gleiche Karieshäufigkeit wie bei der Gesamtbevölkerung ermittelten. Defizite ergaben sich in allen Altersgruppen allerdings hinsichtlich der Anzahl gefüllter sowie fehlender Zähne. Patienten mit Behinderungen weisen im Vergleich zur übrigen Bevölkerungsgruppe mehr fehlende und weniger gefüllte Zähne auf. Gleichzeitig wurden vermehrt parodontale Schäden nachgewiesen. Zahnärztliche Prophylaxemaßnahmen unterscheiden sich nicht von dem sonst üblichen Vorgehen und gründen sich auf:
- Mundhygiene
- Fluoridierung
- Ernährungslenkung
- Regelmäßiger Zahnarztbesuch/Recall
Ziel der prophylaktischen Maßnahmen muss vor allem die Verhinderung der Plaqueanheftung beziehungsweise -akkumulation sein, denn sowohl parodontale Erkrankungen als auch Karies werden vornehmlich durch Plaque hervorgerufen. Für eine behindertengerechte wirksame Mundhygiene ist es entscheidend, individuell abgestimmte Prophylaxemaßnahmen und Hilfsmittel unter Einbeziehung von Betreuern und Angehörigen festzulegen. Dazu sollten spezifisch zu entwickelnde Prophylaxeprogramme herangezogen werden.
Dabei bedarf es der Zusammenarbeit des zahnärztlichen Praxisteams mit den behinderten Patienten unter Einbeziehung und Anleitung der Angehörigen und Betreuer. Die Durchführung der täglichen Zahnpflege sollte unter Anleitung und mit Hilfestellung durch informierte und instruierte Betreuer, Eltern und Angehörige erfolgen. Deshalb sind für eine dauerhafte Verbesserung der Zahn- und Mundhygiene für Patienten mit Behinderungen Informationen über die Entstehung von Zahn- und Mundkrankheiten sowie deren Vorbeugung durch Mundhygiene und Ernährungsverhalten eine Grundvoraussetzung.
Regelmäßiger Zahnarztbesuch
Durch komplexe zahnmedizinische Betreuung ist es möglich, die Benachteiligung infolge der Behinderung, zumindest was den oralen Gesundheitszustand betrifft, zu kompensieren. Das setzt allerdings einen hohen Organisationsgrad der zahnärztlichen Behandlung sowie vielfach einen höheren personellen und zeitlichen Aufwand voraus. Das Ziel besteht in der kontinuierlichen Versorgung der Patienten mit Behinderungen entsprechend ihrer Kooperation über alle Lebensabschnitte. Der Erhalt der natürlichen Zähne bei Behinderten ist über einen möglichst langen Zeitraum zu gewährleisten, da die Eingliederung von Zahnersatz bei dieser Patientengruppe zumindest problematisch ist.
Unsere Aufgaben
- halbjährliche Kontrolluntersuchungen und Prophylaxemaßnahmen
- vertrauensbildende Maßnahmen und psychagogische Führung des behinderten Patienten
- Information und Motivation der Angehörigen und Betreuer (Putztechnik, spezielle Zahnbürsten, häusliche Fluoridierungsmaßnahmen, Ernährungslenkung)
- engmaschiges Recall (günstig: Drei-Monate-Recall) nach umfangreichen Sanierungen und prothetischer Versorgung.
Ansonsten ist die Recallfrequenz individuell festzulegen.
Fazit
Wenn moderne Zahnheilkunde vor allem eine Hinwendung zur präventionsorientierten Zahnmedizin bedeutet, erfordert dies ein politisches Umdenken, das eine gleichwertige zahnmedizinische Versorgung auch für Bürger mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen gewährleisten muss. Für Patienten mit Behinderungen sollte deshalb neben regelmäßigen Untersuchungen, eine erkrankungsabhängige Prophylaxe gewährleistet werden, die sowohl ihre Kooperation und Grunderkrankungen als auch die Progression der oralen Erkrankungen individuell berücksichtigt.